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Über Messungen der Ablation und des Wärmeums... (1954)
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Die Gletscher der Alpen und, soviel wir wissen, der ganzen Erde schwinden seit
etwa 100 Jahren; seit der letzten Periode schwachen und uneinheitlichen Vorrückens
zwischen 1912 und 1925 kann geradezu von einem Verfall der Alpengletscher gespro¬
chen werden. An der Deutung dieses grossartigen weltweiten geophysikalischen
Phänomens haben zahlreiche hervorragende Forscher gearbeitet, mit besonderer
Tatkraft H. Wson Ahlmann, H. U. Sverdrup und C. C. Wallen. Diese in ihren
Methoden und Resultaten überaus wertvollen Arbeiten haben uns gelehrt, dass die
Lebensbedingungen der Gletscher Skandinaviens, sowie auf Island, Spitzbergen und
Grönland bedeutende Unterschiede aufweisen, die eine Verallgemeinerung der
Ergebnisse und ihre Anwendung in anderen Klimagebieten nicht zulassen. Die in
den Alpen zahlreich unternommenen Versuche, mit langjährigen Beobachtungsreihen
von Temperatur und Niederschlag das Verhalten der Gletscher zu erklären, haben
zumindest quantitativ keinen überzeugenden Erfolg gehabt; offenbar repräsentieren
die beiden genannten klimatischen Elemente die Lebensbedingungen der Gletscher
nur unzureichend. Nach unseren heutigen Kenntnissen dürften die Schwankungen
in der Ernährung durch feste Niederschläge für den Haushalt der Gletscher von
geringerer Bedeutung sein, als es die wechselnden Ablationsbedingungen sind ( 2 > l3 ).

Die für die Ablation erforderlichen Energiemengen werden der Gletscherober¬
fläche zur Verfügung gestellt durch :

1. Absorption von kurz- und langwelliger Sonnen- und Himmelsstrahlung,

2. Zufuhr von fühlbarer Wärme aus der Luft durch turbulente Vermischung,

3. Zufuhr von latenter Wärme durch Kondensation von Wasserdampf am Eis,

4. Zufuhr von Wärme durch flüssigen Niederschlag.

Die relative Bedeutung dieser vier Energiequellen muss zumindest in der Grös-
senordnung bekannt sein, bevor gehofft werden kann, - physikalisch ' vernünftige
Beziehungen zwischen dem Verhalten der Gletscher und den Klimaschwankungen
zu finden. Mit dieser Absicht wurde seit dem Sommer 1950 in vier mehrtägigen
Messreihen versucht, den Wärmeumsatz der Gletscheroberfläche zu bestimmen.
Gleichzeitig wurden Messungen der Ablation durchgeführt, um die bei schmelzender
Gletscheroberflache positive Summe der Energieströme direkt zu kontrollieren; bei
gefrorener Gletscheroberfläche wurde die dann negative Summe durch Messung der
Eistemperatur in verschiedenen Tiefen überwacht. Die Messungen erfolgten zunächst
nur über horizontalen aperen Eisflächen, doch wurde Ort und Zeit der Messungen
variiert, wie aus folgender Zusammenstellung hervorgeht :

Ort

1. Vernagtferner, Petztaler Alpen

2. Hornkees, Zillertaler Alpen

3. Vernagtferner, Oetztaler Alpen

4. Gepatschferner, Oetztaler Alpen

Die Messreihen 1 und 3 repräsentieren die Verhältnisse in einem reSativ hoch¬
gelegenen, weit ausgedehnten Gletscherbecken, die Messreihen 2 und 4 dagegen
diejenigen auf noch relativ weit herab7*eichenden nordexponierten Gletscherzungen.
Die wichtigsten Ergebnisse sind in Tabelle 1 enthalten (*).

TABELLE 1

Ergebnisse von Ablations- und Wärmeumsatzmessungen auf Gletschern der Ostalpen

Höhe




Zeit


Dauer

2973 m

21.

bis

31.

VIII.

1950

11 Tage

2262 m

3.

bis

9.

IX.

1951

7 «

2969 m

21.

VII

.-4.

VIII.

1952

15 «

2300 m

8.

bis

16.

IX.

1953

9 »

Messreihe

Tage

Ablation in 24 Std..
cm Wasser

Geschmolzen durch

Bewölkung
Mittel

Mittel

Max.

Min.

Strahlung

übr. met.
Faktoren

Vernagt I
Vernagt II

11 ,
13

4.64
3.95

6.51
5.14

1.66
2.35

81 %

. 84 %

19%
16%

.4.8
5.1

Hörn
Gepatsch

7
. 7

4.32
3.16

7.42
4.44

1.25
1.54

58 %
ca 65 %

42-%
35 %

4.4
3.4

(*) Bezüglich der verwendeten Arbeitsmethoden und Instrumente sei auf die
ausführlichen Veröffentlichungen ( 4 > 6 ) verwiesen.

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