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Das Anfangstadium eines neuen Kargletschers ... (1960)
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Sonderabdruck aus Wettar und L«bien", Jahrgang 12, Heft 910.
__________________ Geidenkheft für Dr. Franz Sauberer. A f6 o _________ _£_ c

Das Anfangs Stadium eines neuen Kargletschers im Raum

Obergurgl

Von Hannes An der Lan, Innsbruck.
Mit 1 Abbildung.

Zusammenfassung: Der Zirmsee (ca. 2865 m) bei Obergurgl (ötztal) wird
seit 1Q&6 regelmäßig beobachtet und untersucht. Der See war 1953 im Sommer
völlig eistfrei. Seit 1956 ist der Klimaverlauf hier so, daß die winterliche Eis¬
bedeckung während 'des Sommers nicht mehr verschwindet, der See nur mehr
teilweise ofifen ist. Im Sommer 1969 wurde die Feststellung gemacht, daß von
den NW - Hängen sich ein neuier kleiner Gletscher über diie Wasserfläche
schiebt, der in der Lage wäre Qgleiches Klima vorausgiesetzt), den See vollkom¬
men zu verdrängen, wie 'es 1888 der Fall war.

Sumxnary: Zirmsee (iabou)t 2i865 m) near Obergurgl (ötztal) has been regu-
larly oontrotuidlied sinee 1956. 1958 the iake wais oll ciear of ice in
summer. S&nce 1956 the course of climate there runs thus that the winterljy
ioe - cover does not disappear any more, tlhe Iake is tout partly open. In sum¬
mer 1959 a oew little glacier advancing on the surfaoe of the water from the
NW - slopes has been stated and (if climate will not change) it may fully take
the plaoe of the Iake as was the case in 1888.

In Heft 12 des Jahrganges 9 dieser Zeitschrift (1) berichtete ich erstmals
über den Zirmsee im Zirmeggenkar, westnordwestlich von Obergurgl, in rund
2865 m Höhe. Seine sommerliche Eisbedeckung 1956 brachte ich mit dem
Klimaverlauf der Jahre 1954 und 1955 im Hochgebirge in Beziehung und ver¬
wies auf Arbeiten, die sich mit der Schnee- und Eisbilanz in anderen Regionen
unserer Alpen während dieser Jahre beschäftigen. Ich stellte damals abschlie¬
ßend fest: „daß sich die Gesamtheit der meteorologischen Faktoren in den
allerletzten Jahren so auswirkten, daß der im Sommer 1953 eisfreie See drei
Jahre später überhaupt nicht mehr völlig auftaut und außerdem noch eine ge¬
schlossene, in die anschließenden Hänge sich fortsetzende Firndecke zeigt".

Über die Eisverhältnisse am Zirmsee im Sommer 1957, sowie über seine
sehr bemerkenswerten Wassertemperaturen in der Tiefe, berichtet Stein¬
bock (7). Bei unserem Besuch am 25. und 26. Juli 1957 war der See, bis auf
eine kleine Stelle am Ausfluß, vollkommen zugefroren. Es herrschten Ver¬
hältnisse "ähnlich jerfen, wie ich sie 1956 angetroffen hatte (siehe (1); Abb. 1b).
An den beiden genannten Tagen gelang es uns erstmals, die Eisdecke zu durch¬
stoßen und ihre Dicke zu messen. Zu unserer Überraschung stellten wir, im
Gegensatz zu allen bisherigen Beobachtungen an Hochgebirgsseen, nur hartes
Kerneis fest (nach (7). Zwischenlagen aus Schneebrei (vgl. (5), 6), fehlten voll¬
kommen, konnten auch bei einer zweiten, ca. 50 m entfernten Bohrung nicht
beobachtet werden.

Historisch ist von Interesse, daß nach der Karte des k. u. k. militärgeo¬
graphischen Institutes sich, im Jahre 1888 hier, an Stelle des heutigen Sees, ein
kleiner das Kar völlig ausfüllender Gletscher, der Zirmeggferner, befand (nach
(7). Die Alpenvereinskarte 1949 verzeichnet nur den See, nicht einmal ein
Firnfeld. D ie Flugaufnahme vom 8. IX. 1953 zeigt noch dieselben Verhältnisse,
also einen völlig eisfreien See. Erst die folgenden Jahre führten durch ver¬
änderte meteorologische Bedingungen in diesen Höhen zum geschilderten Zu¬
stand von heute. Steinbock berichtet sodann über unsere gemeinsamen
Bohrungen im See-Eis, sowie über die Eisdicke. Sie wurde an der ersten Bohr¬
stelle mit 1.56 m gemessen. Steinbock sagt darüber wörtlich: „es ist dies

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