/ 34 pages
Die Ergebnisse der seismischen Messungen auf... (1954)
Search


Die Ergebnisse der seismischen Messungen auf dem Hintereisferner
in den Ötztaler Alpen 1954

Von

0. Förtsch und H. Vidal, München 1 )

(Mit 8 Abbildungen)

Zusammenfassung

Vom 23. August bis 10. September 1954 wurden auf der Zunge des Hinter¬
eisferners und in seinem Vorfeld seismische Untersuchungen zur Ermittlung der
Eisdicken und des elastischen Verhaltens des Gletschereises durchgeführt. Sie
waren als Wiederholungs- und Ergänzungsmessungen zu den ersten seismischen
Eisdickenmessungen, die Mothes 1926 und 1928 auf dem gleichen Gletscher vor¬
genommen hat, gedacht. Auf den Profilen von Mothes längs der Mittelachse der
Gletscherzunge ist erneut beobachtet worden. Außerdem haben die Verfasser
noch sechs Querprofile seismisch vermessen und mehrere Sonderbeobachtungen
angestellt.

Die auf den einzelnen Profileu ermittelten Longitudinalgeschwindigkeiten
schwanken in weiten Grenzen zwischen 3660 und 3800 m/s, wobei sich auch oft
bei Schuß und Gegenschuß unterschiedliche Werte ergeben haben. In Einzel¬
fällen wurden sogar 4000 m/s gemessen. Es wird vermutet, daß die Wellen nicht
an der Eisoberfläche entlanglaufen, sondern von einer Schicht im Eis geführt wer¬
den, die zur Oberfläche nicht unbedingt parallel sein muß. Auf diese Weise
ließen sich die Unterschiede bei Schuß und Gegenschuß erklären. Im Toteis des
Gletschervorfeldes sinkt die Longitudinalgeschwindigkeit bis auf 3000 m/s ab.

Die Auswertung der Refraktions- und Reflexionsimpulse führte jedoch zu
dem Ergebnis, daß die beobachteten Geschwindigkeitswerte nur Maximalwerte
innerhalb des ganzen Eispaketes darstellen, daß dagegen die mittlere Geschwin¬
digkeit innerhalb desselben ziemlich konstant ist. Sie muß geringer sein als das
Mittel der Beobachtungen. Die Verfasser haben sich für 3600 m/s entschieden.

Die Werte 4000 m/s und mehr treten nur innerhalb kleinerer Bezirke auf.

Im Gegensatz zu den Beobachtungen auf dem benachbarten Gepatsch- und
Kesselwandferner, wo keine Transversalwellen registriert wurden, treten diese
in den Seismogrammen des Hintereisferners sehr deutlich in Erscheinung. Auch
hier streuen die Beobachtungen zwischen 1600 und 1925 m/s. Berechnet man aus
den Mittelwerten der Longitudinal- und Transversalwellen die PoissoNsche Zahl,
so erhält man a = 0,36. Diese Zahl hat allgemein für Eis Gültigkeit.

l ) Dr. O. Förtsch, München, Inst. f. Angew. Geophysik, Richard-Wagner-
Straße 10. Dr. H. Vidal, München, Bayerische Landesanstalt für Moorwirtschaft
und Landkultur, Leopoldstraße 5.