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Abschätzung von Wasserhaushaltsgrößen für das Ötztal mit Hilfe eines... (1996)
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Kapitel 1 Einleitung

nócvTa'peì - alles fließt
(Heraklit 540 - 480 v. Chr.)

1 Einleitung

Die Geographie bringt dem Wasserhaushalt als wichtigem Teil des Landschaftshaushaltes
ein natürliches Interesse entgegen. Das Hydrosystem ist Ergebnis des Zusammenwirkens
verschiedenster Geofaktoren, seien sie nun abiotischer oder biotischer Art. Durch sein Ein¬
wirken auf diese Faktoren oder direkte Eingriffe in die Gerinne hat auch der Mensch längst
begonnen, den Wasserhaushalt zu beeinflussen.

Jener räumliche Blickwinkel, von dem aus die Geographie all ihre Forschungsobjekte
betrachtet, spielt bei hydrologischen Fragestellungen natürlich eine gewichtige Rolle. Aller¬
dings können die Geographen diese Betrachtungsweise nicht monopolisieren, denn auch
Nachbardisziplinen wie Meteorologie oder Hydrologie können diesen Aspekt nicht außer
acht lassen. Dies kann jedoch kein Problem sein, wenn die Geographie als integrative und
integrationsfähige Wissenschaft verstanden wird, die ihre Zukunft in einem fruchtbaren
Miteinander und nicht in eifersüchtigen Abgrenzungsversuchen sieht. Zudem macht es ge¬
rade die ständig fortschreitende Spezialisierung auf Teilkomplexe landschaftlicher Ökosy¬
steme immer schwieriger, das "typisch Geographische" von den Fragestellungen der Nach¬
bardisziplinen abzugrenzen (Finke 1986, S. 26). In diesem Sinn ist das Konzept der Land¬
schaftsökologie begrüßenswert, wenn es sich als "Interscience" (ebenda) versteht. So sind
Programme wie das MaB-Projekt, welches einen seiner Österreich-Schwerpunkte ebenfalls
im Ötztal hatte, Schritte in die richtige Richtung. Vorbildhaft weitergetragen wird der in¬
terdisziplinäre Gedanke auch am hiesigen Institut für Hochgebirgsforschung. Es "hat als
selbständige Organisationseinheit einen fachübergreifenden Aufgabenbereich und ist der
interdisziplinären, wissenschaftlichen Forschung verpflichtet, die das Hochgebirge betrifft."
(Institut für Hochgebirgsforschung 1995, S. 3)

Auf einer etwas bescheideneren Ebene vollzogen sich die Konsequenzen für die vorlie¬
gende Arbeit. So wurden Grundlagen und Forschungsergebnisse aus Hydrologie und was¬
serwirtschaftlicher Praxis, aber auch aus Glaziologie, Meteorologie, Botanik und der er¬
wähnten Hochgebirgsforschung verwendet und das Gespräch mit den jeweiligen Fachvertre¬
tern gesucht. Auch Ergebnisse des genannten Projektes konnten verwertet werden.

Die Bearbeitung hydrologischer Fragestellungen kann am hiesigen Institut auf eine län¬
gere Tradition zurückblicken. So untersuchte Fliri bereits in den 60er-Jahren Hydrologie
und Glaziologie der Cordillera Bianca (Peru) (Fliri 1968). Er war es auch, der - bereits da¬
mals mit elektronischer Hilfe - quantitativen Methoden zum Durchbruch verhalf. In dieser