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Artenzusammensetzung und Verteilung von Käfern im Gletschervorfeld d... (1998)
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Eine andere Möglichkeit, die vielfältigen Prozesse der Sukzession zu erklären und zu
unterschiedlichen Hypothesen zusammenzufassen, beschreibt Tilman (1993). Er stellt die
limitierenden Umweltbedingungen (environmental constraints) den artspezifischen
Anpassungsfähigkeiten der Organismen an diese Umweltbedingungen (interspecific trade-offs)
gegenüber. Im allgemeinen sind Arten, die an bestimmte limitierende Faktoren besonders gut
angepaßt sind, bezüglich anderer Umweltparameter konkurrenzschwächer. Andern sich nun
diese Umweltbedingungen während der Sukzession, z.B. durch Zunahme des Nährstoffgehaltes
des Bodens oder durch zunehmende Beschattung, dann ändert sich auch die
Artengemeinschaft. Die unter den neuen Umweltbedingungen konkurrenzstärkeren Arten
werden dominant. Da es eine Vielzahl von Umweltbedingungen gibt, die limitierend wirken
können, gibt es auch eine Vielzahl verschiedener Typen von Sukzession.

Drei der am häufigsten beobachteten limitierenden Umweltbedingungen sind der
Nähstoffgehalt des Bodens, Licht und die Ausbreitungsgeschwindigkeit der Arten. Daraus
lassen sich die drei wichtigsten, von Tilman (1993) nach den während der Sukzession
limitierenden Umweltfaktoren benannten Hypothesen ableiten:

^ die Colonization-Nutrient Competition Hypothesis
^ die Colonization-Light Competition Hypothesis
^ die Nutrient: Light Ratio Hypothesis

Daneben gibt es eine Vielzahl anderer Versuche, verschiedene Sukzessionstypen voneinander
abzugrenzen. Begon, Harper & Townsend (1990) unterscheiden zum Beispiel degradative
Sukzession von autogener und allogener Sukzession:

^ Der Abbau von toter organischer Substanz bis hin zur Mineralisation wird als degradative
Sukzession bezeichnet.

^ Von autogener Sukzession spricht man, wenn vor allem biologische Prozesse, wie zum
Beispiel Anhäufung von Streu, oder zunehmende Beschattung durch Baumwuchs, die
Sukzession steuern.

^ Sind hingegen wechselnde externe geophysikalische oder chemische Faktoren entscheidend,
dann liegt allogene Sukzession vor.

Da sich aber die Prozesse von autogener und allogener Sukzession häufig überlagern, ist eine
eindeutige Zuordnung nicht immer möglich.

Häufiger, aber ebenfalls umstritten, ist die Unterscheidung in Primärsukzession und
Sekundärsukzession (Begon, Harper & Townsend, 1990, MacMahon, 1981).

^ Als Primärsukzession bezeichnet man die Besiedlung von Neuland, wie Gletschervorfelder,
Sanddünen und Lavaströme.

^ Von sekundärer Sukzession spricht man, wenn zwar die Vegetation teilweise oder
vollständig zerstört wurde, aber ein mehr oder weniger gut entwickelter Boden mit
Samenbank und Sporen erhalten ist. Auch die Entwicklung von Ökosystemen, die einem
Nutzungswandel unterliegen, wie zum Beispiel ehemals land- oder forstwirtschaftlich
genutzte Flächen, die nur mehr extensiv bewirtschaftet oder überhaupt aufgelassen werden,
bezeichnet man als Sekundärsukzession.

Neben der Beschreibung von Artengemeinschaften, die sich im Laufe der Sukzession ablösen,
wurden auch immer wieder andere Charakteristika, wie Biomasse, Diversität, Nischenbreite
und trophische Struktur untersucht. Odum (1969) beschreibt insgesamt 24 solcher Parameter.
Meist nehmen zum Beispiel Biomasse, interspezifische Konkurrenz und Komplexität der
Nahrungsnetze im Laufe der Sukzession zu. Die Diversität steigt ebenfalls in den frühen
Sukzessionsstadien. Bei späteren Entwicklungsstadien ist dann entweder eine weitere
kontinuierliche Zunahme, oder in vielen Fällen wieder ein Rückgang der Diversität feststellbar.
Diesbezügliche Untersuchungen beziehen sich allerdings meist nur auf einen Teil der
Artengemeinschaft, Vegetation, epigäische Fauna, einzelne Ordnungen oder Familien. Deshalb