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Verlauf der Primärsukzession in einem zentralalpinen Gletschervorfel... (2001)
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1. Einleitung

Die Eroberung von unbesiedelten Lebensräumen durch Pflanzen und das Fortschreiten der
Primärsukzession hin zu stabilen Gesellschaften ist seit langem Gegenstand ökologischer
Untersuchungen. Nur wenige Orte der Erde bieten günstige Voraussetzungen fur derartige
Studien. Als Beispiele seien Bergsturzgebiete, vulkanisch aktive Gebiete, Sanddünen, sowie
Überschwemmungsländer großer Flüsse genannt. „Nirgendwo kann allerdings die Sukzession
besser erforscht werden, als in den Vorfeldern großer Gletscher" (ELLENBERG 1996).

Wie in den meisten Gebirgen der Erde, so befinden sich auch in den Alpen die Gletscher
aufgrund der allgemeinen Klimaerwärmung seit ca. 150 Jahren in mehr oder minder
kontinuierlichem Rückzug. Die Besiedelung des bloßgelegten Moränenschutts erfolgt nur
langsam, in Abhängigkeit von der Feuchtigkeit, dem Kalkgehalt des Substrats, der
Lufttemperatur und der Dauer der winterlichen Schneedecke (GAMS 1939). Frühe
Untersuchungen zur Besiedelung von Gletschervorfeldern stammen von STOTTER &
HEUFLER (1840) aus dem Ötztal und von COAZ aus dem Vorfeld des Rhone-Gletschers in
den Schweizer Alpen (COAZ 1887). In der Folge wurden zahlreiche Gletschervorfelder in den
Alpen untersucht (LÜDI1921, 1945,1958, OECHSLIN 1935, FRIEDEL 1938a, 1938b, 1956,
JOCHIMSEN 1962, 1963, 1970, BURTSCHER 1982, TEUFL 1981, KRAUSE 1996, RAFFL
1999, BURGA1999).

Auch in anderen Gebirgsregionen der Erde war die Vegetationsentwicklung in
Gletschervorfeldern Ziel intensiver Forschung. Vor allem in der Glacier Bay (Alaska) und in
mehreren Gletschervorfeldern des Jostedalsbreen (S-Norwegen) wurden grundlegende
Erkenntnisse zur Besiedelungsdynamik auf eisfrei gewordenen Flächen gewonnen (FAEGRI
1933, VIERECK 1966, MATTHEWS 1978,1992, CROUCH 1993, VETAAS 1994,1997).

Während sich ältere Arbeiten weitgehend auf eine floristische Analyse der vorgefundenen
Vegetation beschränkten, konzentrieren sich neuere Untersuchungen auf ökologische bzw.
populationsbiologische Fragestellungen (BÄUMLER 1988, JUMPPONEN et al. 1998,
KNERINGER 1998, ERSCHBAMER et al. 1999, NIEDERFRINIGER SCHLAG &
ERSCHBAMER2000).

Das Gletschervorfeld des Rotmoosferners im hintersten Ötztal (Tirol) eignet sich aufgrund
seiner geringen Höhenerstreckung und des breiten Talquerschnitts besonders gut für das
Studium der Primärsukzession auf alpinem Neuland. Es war daher bereits in der